Mein Kettenhemd

Das Kettenhemd

Das Kettenhemd, auch Hauberk genannt, war die am meisten verwendete Rüstung des 13. Jahrhunderts. Es wurde hauptsächlich von den "Offizieren" des Mittelalters (also Hauptleuten, Sergenten und Rittern) getragen.
Ein Kettenhemd besteht aus ca. 40.000 Ringen. Im HMA, waren die Kettenhaube (auch Coif genannt), sowie die Kettenhandschuhe direkt am Kettenhemd befestigt. Ein derartiges Panzerhemd wiegt in meiner Rekonstruktion 11 Kilogramm.

Der Vorteil eines Kettenhemdes liegt in seiner starken aber dennoch sehr beweglichen Struktur. Das Gewebe hält vergleichsweise große Belastungen aus, fängt wuchtige Hiebe ab und verteilt sie auf großer Fläche, und verhindert Schnittverletzungen fast vollständig (Bis vor kurzem waren Handschuhe aus Kettengeflecht beim Metzger üblich).

Dennoch konnte ein Kettenhemd starke Stiche, wie durch einen Lanzenstoß oder Pfeilbeschuss nicht abwehren. Dafür konnte man sich recht leicht in einem Kettenhemd bewegen, da die Ringe gegeneinander sehr beweglich sind.
Ein solches Kettenhemd besteht aus einzelnen Stahlringen, welche immer zu viert mit einem Ring verflochten wurden (sog. 4-in-1 Muster). Nach dem Verflechten der Ringe wurden die offenen Stellen der Ringe vernietet.

Kettenhemd in der Kreuzfahrerbibel

Belegt werden können Kettenhemden an fast allen Abbildungen und mit zahlreichen Funden.
Die hier links abgebildete Szene aus der Kreuzfahrerbibel zeigt besonders gut wichtige Stellen des Hemdes. Die Haube ist so groß, daß sie nach hinten abgenommen werden kann. Dadurch liegt das Geflecht am Hals etwas lockerer.
Die Handschuhe sind am Hemd befestigt, die Hand kann aber herausgestreckt werden, so daß der Handschuh herunterhängt.


vernietete Kettenringe
original Kettenringe (Wallace Collection)
Der Herstellungsprozess eines solchen Geflechts läuft grob beschrieben so ab:
  1. Zuerst wird aus dem Roheisen ein Draht gezogen.
  2. Der gezogene Draht wird dann spiralenförmig aufgewickelt.
  3. Nach dem Aufwickeln werden die Ringe mit einer leichten Überlappung abgeschnitten.
  4. Jetzt sehen die Ringe in etwa so aus, wie die billig Kettenringe aus Federstahl.
  5. Als nächstes wird der Ring plattgeschlagen, dabei ergibt sich an der Überlappung eine etwas breitere Stelle.
  6. Genau dort wird dann ein Schlitz hinein gestanzt.
  7. Nun kann man den Ring wieder etwas aufbiegen, einflechten und zurückbiegen.
  8. Als nächstes wird nun von hinten durch den Schlitz im Ring eine dreieckige Niete geschoben, welche die breiteren Überlappungstellen verbindet.
  9. Als letztes wird der Nietenkopf auf der anderen Seite zusammengequetscht. Dadurch entsteht der runde Kopf der Niete.

Eine Bebilderte Anleitung gibt es von De Liebart.

15. Jhdt. Kettenhemd

An dem rechts unten abgebildeten original Kettenringen eines Kettenhemdes aus dem 14. Jahrhundert (aus der Wallace Collection, London) kann man die runde Form mit der Überlappung und die dreieckige Nieten erkennen. Ein derart vernietetes Kettengewebe meines Kettenhemdes sieht dann so aus, wie das rechts darüber abgebildete Geflecht.

Das links abgebildete Kettenhemd wird auf das 15. Jahrhundert datiert und wurde von Hemann Historica für 30.000 Euro versteigert. Es stammt zwar nicht aus dem 13. Jahrhundert, doch ist es ein sehr gut erhaltenes mitteleuropäisches Fundstück. Auf der Auktionseite [Mirror] finden sich 3 große Fotos, auf denen man sehr gut die Ringe und Nieten sowie die Verarbeitung erkennen kann.

Zusammengefasst ergeben sich folgende 5 wichtigen Merkmale für ein 13. Jahrhundert Kettenhemd.
  1. Vernietete Ringe 8-12 mm Durchmesser
  2. Kettenhaube am Kettenhemd befestigt
  3. Kettenhemd mit langen Ärmeln
  4. direkt angesetzte Kettenhandschuhe
  5. Länge bis zum Oberschenkel

Das Kettenhemd wird in der Regel durch Kettenbeinlinge aus gleichen Ringen ergänzt.

Quellen:

  • Kettengeflecht unten: Wallace Collection, London
  • König im Kettenhemd aus: Kreuzfahrerbibel (digital-Bild auf Anfrage)
  • Kettenhemd: Online Auktion Hermann Historica [Mirror].